20-21 May 2022
Europe/Berlin timezone

Ändern Lehrkräfte ihre Leistungserwartungen an eine*n Schüler*in, wenn diese*r ausdrücklich als "lernbehindert" bezeichnet wird? Eine randomisierte experimentelle Studie mit Regelschullehrkräften und Sonderpädagog*innen

21 May 2022, 11:40
20m
Vortrag Vorträge Vortragssession

Speaker

Linda Kashikar

Description

Lehrkrafterwartungen können die Leistung von Schülerinnen und Schülern (SuS) im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung beeinflussen: niedrige Lehrkrafterwartungen führen zu schlechteren Leistungen als hohe Lehrkrafterwartungen. Studien haben gezeigt, dass Lehrkrafterwartungen nicht nur beispielweise auf früheren Leistungen der SuS basieren, sondern für stigmatisierte Schülergruppen verzerrt sein können. So führt das Label "Learning Disability" zu niedrigeren Leistungserwartungen bei Lehrkräften im Vergleich zu ähnlichen SuS ohne das Label. Unsere experimentelle Studie untersucht 1. ob dieser Effekt auch für das Label "Lernbehinderung" (LB) besteht, 2. sich das LB-Label unterschiedlich auf Regelschullehrkräfte und Sonderpädagoginnen auswirkt und 3. ob die implizite Einstellung zur schulischen Inklusion die Effekte des Labels beeinflusst. Zu diesem Zweck weisen wir Lehrkräfte randomisiert zu einer kurzen Beschreibung eines fiktiven Kindes zu, das ausgeprägte Probleme in Mathematik und Deutsch hat. Bei ansonsten identischer Beschreibung hat die Vignette in der Label-Bedingung den Zusatz, dass eine Lernbehinderung vorliegt. Derzeit sind 85 % der Daten erhoben und vorläufige Analysen zeigen, dass das LB-Label die Lehrkrafterwartungen negativ beeinflusst: in der Label-Bedingung wird ein niedrigerer Schulabschluss erwartet und es wird öfter die Förderschule als weiterführende Schule empfohlen. Zudem hat das Label einen differenziellen Einfluss auf die Förderungsziele bei Regelschullehrkräften und Sonderpädagoginnen: in der Label-Bedingung fördern Regelschullehrkräfte mehr schulische Leistungsziele im Vergleich zum Wohlbefinden als Sonderpädagog*innen. Ein unerwartetes Ergebnis zeigt sich in Bezug auf die implizit erhobene Einstellung zur schulischen Inklusion: in der Label-Bedingung besteht ein negativer Zusammenhang zwischen dieser und dem höchsten erwarteten Schulabschluss. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Limitationen und praktische Implikationen diskutiert.

Primary author

Co-authors

Mrs Lara Soemers (Bergische Universität Wuppertal) Prof. Timo Lüke (Karl-Franzens-Universität Graz) Prof. Michael Grosche (Bergische Universität Wuppertal)

Presentation Materials

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