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Beschreibung
Eine angemessene Lehrkrafteinschätzung des schulbezogenen Wohlbefindens von Schülerinnen ist eine wichtige Voraussetzung für eine inklusive, adaptive Unterrichtsgestaltung und für die Unterstützung der schulischen und persönlichen Entwicklung. Allerdings ist die Akkuratheit bzw. Genauigkeit von Lehrkraftberichten zu sozio-emotionalen Aspekten eher gering. Bisherige Studien zeigen zudem, dass das Geschlecht der Schülerin und sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF) einen Bias der Lehrkrafteinschätzung zum subjektiven Wohlbefinden von Schüler*innen teilweise erklären können. Kaum untersucht wurden bislang jedoch, inwiefern Lehrkraftmerkmale mit einem solchen Bias zusammenhängen.
Die vorliegende Studie untersucht, wie gut Lehrkrafteinschätzungen und Selbstberichte zum subjektiven Wohlbefinden von Schülerinnen übereinstimmen, und welche Faktoren einen möglichen Bias zu erklären vermögen. Seitens der Schülerinnen werden das Geschlecht, die Erstsprache und der Status SPF sowie seitens der Lehrkraft die Berufserfahrung, Selbstwirksamkeit, Einstellung zu Inklusion und das Verantwortungsgefühl für jeden Schülerin einbezogen.
Datengrundlage bietet das Projekt "Inklusion in der Sekundarstufe I in Deutschland" (INSIDE) mit einer Stichprobe von 3772 Schülerinnen der Klasse 6 und 432 Lehrkräften. Zur Beurteilung des subjektiven Wohlbefindens füllten die Schülerinnen und Lehrkräfte den Perceptions of Inclusion Questionnaire (PIQ) aus. Die Analysen erfolgten mittels eines Correlated Trait-Correlated Method Minus One [CT-C(M-1)] Modells mit Kovariaten und latenten Interaktionseffekten.
Die Ergebnisse zeigen eine geringe bis mäßige Übereinstimmung zwischen Selbstberichten und Lehrkraftberichten. Das Geschlecht und der Status SPF erweisen sich als signifikante Prädiktoren für einen Bias der Lehrkrafteinschätzungen. Des Weiteren kann der Bias teilweise durch die Selbstwirksamkeit der Lehrkräfte, die Einstellung zu Inklusion sowie durch ihr Verantwortungsgefühl erklärt werden. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Implikationen für die Praxis und weiterführende Untersuchungen diskutiert.