Sprecher
Beschreibung
Eine tragfähige Schülerinnen-Lehrerinnen-Beziehung bildet eine wesentliche Voraussetzung für wirkungsvolles pädagogisches Handeln im Förderschwerpunkt der Emotionalen und sozialen Entwicklung (EsE; KMK, 2000). Eine Vielzahl empirischer Studien aus dem englischen Sprachraum unterstreicht den Einfluss der Qualität der Schülerinnen-Lehrerinnen-Beziehung auf das akademische Lernen (z. B. Roorda et al., 2017) sowie die sozial-emotionalen Kompetenzen von Schülerinnen (z. B. Obsuth et al., 2017). Im deutschen Sprachraum fehlen jedoch psychometrisch gut überprüfte Erhebungsverfahren zur differenzierten Erfassung der Beziehungsgestaltung zwischen Schülerin und Lehrkraft.
Vor diesem Hintergrund wurde das standardisierte Beobachtungsverfahren Classroom Assessment Scoring System-Secondary (CLASS-S; Pianta et al., 2012) für den deutschen Sprachraum adaptiert und in Förderschulen mit dem Schwerpunkt EsE angewendet. Im Fokus des Beitrags steht die Überprüfung ausgewählter Kriterien der psychometrischen Qualität der Verfahrensadaption. Dafür wurden an sieben Förderschulen mit dem Schwerpunkt EsE 288 Beobachtungen in 26 Klassen der Klassenstufen zwei bis sieben durch zwei unabhängige Raterinnen durchgeführt. Mithilfe von Reliabilitäts- und explorativen sowie konfirmatorischen Faktorenanalysen werden Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit und Faktorenstruktur des CLASS-S präsentiert.
Entgegen der Annahme einer dreifaktoriellen Struktur – Emotionale Unterstützung, Klassenorganisation und Lernunterstützung – wie empirisch vielfach bestätigt (Hafen et al., 2015; Virtanen et al., 2018), können vier Faktoren empirisch extrahiert und theoretisch begründet werden. Dabei stehen insbesondere emotionale Unterstützungsstrukturen, die Lehrkräfte Schülerinnen anbieten, im Fokus. Die Ergebnisse belegen außerdem die reliable Anwendung der Verfahrensadaption, durch hohe Übereinstimmungen zwischen verschiedenen Ratingversionen.
Die Verwendung des CLASS-S könnte einen Beitrag zur systematischen Erfassung des Beziehungsgeschehens im Klassenraum sowie der Lehrkräfteprofessionalisierung leisten. Implikationen für die (sonder-)pädagogische Forschung und Praxis werden vor diesem Hintergrund diskutiert.